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Smart Buildings – Gebäude für das Morgen

In naher Zukunft wird die Architektur weitaus mehr leisten müssen, als bisher. Dabei ist der beschrittene Weg der Bauten des vorindustriellen Zeitalters zum modernen High-Tech-Gebäude unserer Neuzeit nur gut zweihundert Jahre lang. Hochtechnisierte Bauten und Infrastrukturen sind heute der Standard. Im geschickten Zusammenspiel von Lüftungsanlage und Raumtemperierung, umfassenden elektronischen Steuerungen und einer grünen Stromgewinnung auf dem Gebäudedach, wird es jedoch immer wichtiger, sein Gebäude vernetzt zu planen und mit elektronisch gesteuerter Intelligenz auszustatten. Smart Buildings sind hier der Schlüssel zu einer ganzheitlich funktionierenden Smart City – also dem Zusammenspiel von Gebäude und Infrastruktur über vernetzte Systeme. Und sie bieten den notwendigen Raum, Technologie und menschliche Bedürfnisse optimal aufeinander abzustimmen.

Unter einem Smart Building sind Zweckgebäude, also Büro- und Handelsimmobilien, Forschungs-, Verwaltungs-, Produktions- oder Logistikgebäude zu verstehen, in denen wesentliche Funktionen zur Gebäudesteuerung automatisiert und miteinander vernetzt funktionieren. Anders als im Smart Home, wo eine Aufgabe über Sensoren oder Chips einzeln erfüllt wird, sind sie im Smart Building im und am Gebäude miteinander verbunden, um die Automation von Einzelfunktionen und die Interaktion mit den anderen technischen Anwendungen und Systemen zu gewährleisten.

Vom Energieverbraucher zum smarten Plus-Energie-Gebäude

Ein Smart Building setzt voraus, dass bereits in der Planung und idealerweise schon davor, also bei der Funktionsbeschreibung und der Definition der Auftraggeber-Anforderungen, smarte Technologie mitgedacht wird. Zentrale Ziele sind es, den Komfort und die Effizienz des Gebäudes im Vergleich zu einem konventionellen gebauten Bauwerk deutlich zu erhöhen. Die intelligente Steuerung des Energieverbrauchs sowie des Energiezugewinns (zum Beispiel durch die Nutzung des Wärmeeintrags oder den Einsatz von PV-Anlagen) kann die Energieeffizienz soweit steigern, dass das Gebäude selbst zur Energiequelle wird. Selbst produzierter Strom lasst sich dann in smarte Energiespeicher zwischenpuffern oder direkt in das Stromnetz von Stadt oder Region einspeisen.

Durchgängig vernetzter Datenfluss und ein umfassendes Monitoring

Es gibt keine eindeutige Abgrenzung, was als Smart Building bezeichnet wird. Im Vordergrund steht jedoch immer ein durchgängiger Datenfluss zwischen den verschiedenen Bauteilen: Den Sensoren und Aktoren, den Anlagen zur Gebäude- und Anlagenautomation sowie der digitalen IT und den darin eingebundenen Servern. Damit die Intelligenz, sozusagen die „Smartness“ aus der Hardware, also dem Gebäude erwächst, ist eine zentrales Programm, also eine Software notwendig. Diese Software verfügt stets über eine Vielzahl offener Schnittstellen (API, das „Application Programming Interface“) zur Übermittlung und Einspeisung der anfallenden Daten in die zentrale IT. Sie interpretiert diese und leitet daraus die anschließenden Handlungen ab.

Die Verarbeitung der digitalen Daten ist über zentrale Inhaus-Server oder dezentrale, cloudbasierte Systeme möglich. Je nachdem, wie die Sicherheitsanforderungen es zulassen und es der Betreiber erwünscht, werden Datenprotokolle für ein öffentliches Monitoring und die Verbesserung von Automatisierungsfunktionen untereinander ausgetauscht oder Bauteile bzw. ganze Gebäude miteinander vernetzt. Die Nutzer erhalten hierbei Zugriff auf den übergreifenden Datenpool in der Cloud, werten die gesammelten, strukturierten Daten aus und nutzen sie für ihr zentrales Facility Management im eigenen Gebäudebetrieb. So lassen sich sowohl die Gebäudeperformance analysieren und bewerten als auch die angebundenen Systeme kontinuierlich verbessern.

Datenanalyse, Auswertung und Optimierung im Gebäudebetrieb

Da die intelligente Vernetzung der Systeme auf Basis ihrer Daten und Informationen, die sie in die System-IT geben, in vielen Bereichen noch in der Erprobung sind, sind Analyse, Auswertung und Optimierung die wichtigsten Werkzeuge für eine Etablierung des Smart Buildings innerhalb unserer Architekturlandschaft. Dem Gebäudelebenszyklus kommt hier eine zentrale Rolle zu: Von der Bedarfsermittlung über die komplette Planung, Bau, Gebäudebetrieb hin zur Revitalisierung oder einem möglichst wertstoffreinen Recycling beim Rückbau berücksichtigt er alle Phasen im Gebäudeleben. Für eine lückenlose Lebenszyklusbetrachtung sind die gewonnenen Daten aus dem „As-built“-Modell, also der Planung zur Übergabe in den Gebäudebetrieb sowie den Gebäudebetrieb selbst von immanenter Bedeutung. Sie lassen ein Smart Building auch nach Ablauf der Nutzungsdauer weiter „intelligent“ bleiben: Die exakte Qualifizierung und Quantifizierung der eingesetzten Rohstoffe sowie Materialien und Bauprodukte sind die Basis für den erneuten Einsatz in einem ebenfalls smarten Gebäudes mit nachhaltig wiederverwendeten Ressourcen.

Gebäude sind nicht automatisch „smart“. Vielmehr entsteht die technische Intelligenz des Bauwerks durch die facettenreiche Nutzung und Vernetzung verschiedener Anwendungen im Gebäude selbst, die automatisierte Prozesse nach sich ziehen. Ein einfaches Beispiel: Der Windmesser-Sensor auf dem Dach eines Bürosgebäudes misst eine hohe Windgeschwindigkeit. Diese Information wird über die angeschlossene Datenleitung an den zentralen Server übermittelt und von der Software ausgewertet. Die Information, dass es stürmisch ist, löst noch keine direkte Folgehandlung aus. Sie Software der Hausautomation jedoch erkennt die spezifische Situation, gleicht die Windwerte mit hinterlegten Standardwerten ab, entscheidet im Rahmen des vorgegebenen Spektrums, was zun tun ist und fährt den außenliegenden Sonnenschutz nach oben, damit durch Windböen kein Schaden entstehen kann. Hier wird damit eine Systemkomponente (Windsensor) mit einem weiteren, davon prinzipiell autark arbeitenden System (Außenjalousien) verbunden. Die resultierende Aktion (Hochfahren des Sonnenschutzes) ist die Folge aus Messung, Bewertung und zuvor definierter Reaktion auf die zu hohe Windgeschwindigkeit. Diese relativ einfache und seit vielen Jahrzehnten weltweit in hunderttausenden Gebäuden verbaute Technik symbolisiert keineswegs ein Smart Building. Die Vernetzung der vorgenannten Funktionen lässt ebenso kein smartes Gebäude entstehen. Wir sprechen dann von einem Smart Building, wenn alle ermittelten Daten aus dem Betrieb im Rahmen eines Monitorings erfasst und für die weitere Optimierung des Gebäudebetriebs genutzt werden. Und zwar so umfassend, dass a) die Funktionalität kontinuierlich verbessert und b) der Nutzerkomfort nachhaltig erhöht wird.

Anonymisierte Daten lassen keine Rückschlüsse auf die Nutzer zu

Die Erhebung von Daten erfolgt dabei stets im gültigen Rahmen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Innerhalb eines Gebäudes werden neben Betriebsdaten ergänzend ständig personenbezogene Daten erfasst. Das beginnt bei der Registrierung am Eingang eines Bürogebäudes, setzt sich fort bei der Zutrittskontrolle am Aufzug, mit dem die richtige Etage angefahren werden kann und endet nicht an der Tür zum eigenen Büro, die sich elektronisch gesperrt mit der korrekten Zutrittskarte öffnen lässt. Denn hinzu kommen persönliche Einstellungen (Raumtemperatur, Lüftungsanlage, individuelle Lichtsituationen oder die Möglichkeit am Snackautomaten elektronisch mit der eigenen Zutrittskarte zu bestellen und zu bezahlen. All diese Informationen sind wertvoll, weil sie das individuelle Nutzerverhalten protokollieren und daraus persönliche Muster abgeleitet werden können. Alle diese Informationen sind jedoch datenschutzkonform soweit zu anonymisieren, dass sie für Dritte keine detaillierten Rückschlüsse auf den Einzelnen mehr zulassen. Hinzu kommt, dass sämtliche erfasste Informationen so zu speichern und zu verwalten sind, dass Unbefugte keinen Zugriff darauf haben und externen Angriffen auf die Gebäudeinfrastruktur (z.B. durch Hacking) vorgebeugt wird.

Fazit

Dass im Smart Building allein die Zukunft unserer gebauten Architektur liegt, ist fraglich. Mit Sicherheit liegt in ihm jedoch die Zukunft der Gebäudeautomation. In der detaillierten Erfassung der Betriebsdaten und der Optimierung der damit verbundenen Prozesse und Aktionen der Gebäudetechnik bieten viele Vorteile für Betreiber und Nutzer. Wie schnell das Smart Building prägender Gebäudestandard unserer gebauten Architekturszenerie wird, hängt vor allem von der Qualität erhobener Daten und deren niedrigschwelligen Bereitstellung für alle zusammen. Erst die Datenanalyse und gezielte Bewertung macht die Optimierungspotenziale in einem Smart Building sichtbar. Der stetig wachsende Einsatz künstlicher Intelligenz im Gebäudeplanungssektor sowie im Facility Management wird hier nochmals deutlichen Vorschub leisten. Das Internet der Dinge (IoT), in Verbindung mit selbstlernenden Systemen und einer vernetzten Gebäudetechnik, schafft den Rahmen für das Smart Building unserer Zukunft: Grün in Herstellung, Betrieb und Recycling, reibungslos im Technikeinsatz über die Lebensdauer hinweg und komfortabel sowie flexibel nutzbar für die Menschen, die mit ihm interagieren.